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Kompetenz statt Kontrolle: Umgang mit KI im Lernalltag

KI in der Erwachsenenbildung: Lernprozesse sichtbar machen

Auch in der Erwachsenenbildung ist KI längst angekommen. Teilnehmende greifen auf Chatbots oder Textgeneratoren zurück, um sich bei Projekten, Berichten oder Abschlussarbeiten unterstützen zu lassen. Aber wie verhält es sich mit dem Urheberrecht und der Eigenständigkeit bei den Arbeiten? Offizielle Regeln zum Umgang damit fehlen jedoch häufig oder greifen auf (unrealistische) Komplettverbote zurück. Da bleibt die Frage: Wie kann man sicherstellen, dass KI nicht nur zur Abkürzung wird, sondern zum echten Lerngewinn beiträgt?

Gerade in der Erwachsenenbildung geht es um Kompetenzerwerb und Anwendung statt um Noten. Damit verschiebt sich auch der Blick: Nicht die Suche nach Täuschungsversuchen steht im Zentrum, sondern die Förderung von Reflexion und Eigenleistung. Es geht also weniger darum zu sagen: Mit KI lernt man nicht, als zu reflektieren: wie lernt man vernünftig und angemessen – auch mit Unterstützung durch die künstliche Intelligenz.

KI als Lernbegleiter statt Abkürzung

Wer KI im Schreib- oder Dokumentationsprozess nutzt, wirkt auf den ersten Blick bequem. Doch das greift zu kurz. Richtig eingesetzt kann KI zum Mentor im Lernprozess werden:

  • Sie unterstützt bei Struktur und Gliederung,
  • gibt Beispiele oder Formulierungshilfen,
  • erklärt Fachbegriffe,
  • liefert Anregungen für alternative Perspektiven.

Gerade Teilnehmende, die unsicher im Formulieren oder Dokumentieren sind, erhalten so einen niedrigschwelligen Zugang. KI kann wie ein Schreib- und Lerncoach wirken – rund um die Uhr verfügbar und breit informiert. Richtig eingebunden stärkt sie nicht nur die Textqualität, sondern auch Selbstlernkompetenz und kritisches Denken.

Risiken gibt es dennoch: Bei übermäßigem Einsatz könnte zudem die Eigenmotivation abnehmen und die Fähigkeit zum selbstständigen Denken leiden. Eine zu starke Abhängigkeit kann Reflexionsfähigkeit mindern, und bei unreflektierter Nutzung bleibt offen, welche Anteile wirklich von den Lernenden stammen.

Transparenz statt Kontrolle

Um aufzudecken, welche Inhalte die Lernenden selbst verfasst haben, sollte man jedoch keinesfalls auf KI-Detektoren zurückzugreifen: Diese Tools sind technisch unzuverlässig und rechtlich problematisch.

KI-Detektoren basieren selbst auf KI und liefern nur Wahrscheinlichkeiten – keine belastbaren Beweise. Studien zeigen, dass die Ergebnisse häufig unzuverlässig sind und dies auch voraussichtlich bleiben werden.

Typische Probleme sind:

  • Es gibt zu viele falsch-positive und falsch-negative Treffer, besonders nicht-englischsprachige Texte und gut strukturierte Texte sind oft von falsch-positiven Bewertungen betroffen.
  • Es gibt keine prüfbaren Originalquellen.
  • Unerfahrene Nutzende, die Ihre eigenen Texte nur glätten oder grammatikalisch prüfen wollen, werden eher erfasst als Schreibende, die Texte gezielt per Auftrag „ent-KI-isieren“ oder umstellen.

Ein weiteres Problem liegt in den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die eingereichten Arbeiten enthalten evtl. personenbezogene Daten und sind zudem durch das Urheberrecht geschützt. Die Weiterverarbeitung der Texte durch KI-Detektoren ist rechtlich heikel. Ohne explizite Einwilligung darf die Arbeit nicht verarbeitet werden. Die Nutzungsbedingungen (AGB) externer Tools regeln oft nicht transparent, was mit den Daten geschieht und dadurch besteht das Risiko, dass die Arbeiten zu Trainingsdaten für kommerzielle KI werden – ein klarer Verstoß gegen Datenschutz und Urheberrecht.

KI-Detektoren sind im Sinne der KI-VO als System zur Erkennung von verbotenem Prüfungsverhalten als Hochrisiko-KI einzustufen. 

Kontrolle ist also kaum möglich, umso wichtiger wird es, dass Lernende offenlegen, wie sie KI genutzt haben. Entscheidend ist dabei ein gemeinsames Verständnis: KI soll sichtbar gemacht, nicht heimlich versteckt werden. So bleibt nachvollziehbar, welche Kompetenzanteile von den Lernenden selbst kommen. Das kann zum Beispiel über kurze Reflexionsfragen im Lernjournal geschehen, etwa: „An welcher Stelle hat mir KI geholfen, und was habe ich daraus gelernt?“ Auch eine einfache Prozessdokumentation ist denkbar – beispielsweise ein kurzer Screenshot oder Protokollauszug wie: „KI-Vorschlag für Einleitung → eigene Überarbeitung → finale Fassung.“ Die Transparenz kann (und sollte) dabei auch extrinsisch belohnt werden. Einige Schulen vergeben genau für diese Reflexion einen Teil jeder Punkte.

Lernnachweise neu denken

Klassische Prüfungen spielen in der Erwachsenenbildung nur eine untergeordnete Rolle. Stattdessen sind authentische Nachweise und Reflexion mit direkten Praxisbezug zentral. Falls möglich, sollten Aufgabenstellungen so formuliert werden, dass der Umgang mit der KI aktiv hinterfragt wird:

  • Vergleichsaufgaben: Lernende vergleichen eigene Texte mit KI-Vorschlägen und diskutieren Unterschiede in Argumentation, Stil und Praxistauglichkeit.
  • Prozessdokumentation: Nicht nur das Ergebnis zählt – Lernende beschreiben, wie sie mit KI gearbeitet haben, z. B. durch Screenshots, Protokolle oder Reflexionsfragen.
  • Reflexionsaufgaben: Wann war KI hilfreich, wann hinderlich? Welche Lernerfahrungen ergaben sich daraus?
  • Praxisaufgaben: Authentische Fälle aus Beruf und Alltag, die eigene Erfahrungen und Einschätzungen erfordern – hier stößt KI an Grenzen.
  • Portfolios: Sammeln von Zwischenschritten, Feedbacks und Lernjournalen macht den Lernweg sichtbar und reduziert die Versuchung, ein KI-Endprodukt einfach einzureichen.
  • Lernen durch Lehren: wenn man den Unterrichtsstoff aufbereitet um selbst kleine Lerninhalte (z.B. H5P-Einheiten) aktiv zu produzieren, ist man gezwungen sich mit den Inhalten aktiv auseinanderzusetzen. Generative KI kann unterstützen den Lernstoff zusammenzufassen und zu strukturieren, fertige Produkte liefert sie in den wenigsten Fällen.

So entsteht ein Bild, in dem KI nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug für kompetenzorientiertes, eigenverantwortliches Lernen genutzt wird.

Fairness und Rahmenbedingungen

Zudem stellt sich einmal mehr die Frage nach Chancengerechtigkeit. Nicht alle verfügen über denselben Zugang zu leistungsstarken KI-Tools. Einrichtungen sollten daher klare Regeln schaffen:

  • Welche KI-Anwendungen sind erlaubt?
  • Wie wird Nutzung dokumentiert?
  • Wie können Lernende unterstützt werden, KI reflektiert einzusetzen?

Statt Kontrolle oder Verbote braucht es also Orientierung und Austausch.


Fazit

KI verändert auch die Erwachsenenbildung – nicht, weil „Täuschung“ verhindert werden muss, sondern weil Lernprozesse transparenter und reflexiver gestaltet werden können.
Wichtig ist, dass KI als Begleiter im Lernprozess verstanden wird: Sie darf Hilfestellung leisten, ersetzt aber nicht die eigene Auseinandersetzung mit Inhalten und Erfahrungen.
Rahmenbedingungen, die auf Transparenz und Praxisnähe setzen, sichern Eigenleistung und fördern genau die Kompetenzen, die Lernende für Beruf und Alltag brauchen: kritischer Umgang, reflektierte Nutzung und souveräne Anwendung.

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